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PERSPEKTIVENWECHSEL: DER BERG UND SEINE GEHEIMNISSE

Er wacht über Salzburg und gibt der Stadt Kulisse und Rahmen – der Mönchsberg. Jeder kennt ihn, viele lieben ihn – aber nur wenige wissen um seine Geheimnisse.

Schutz vor Eindringlingen, wunderschöne Kulisse, noble Wohngegend und perfektes Naherholungsgebiet – das alles ist oder war der Mönchsberg, wenngleich ihn die meisten eher von innen wahrnehmen als von außen bewundern. Kaum ein andrer Berg wurde so oft und aus so unterschiedlichen Gründen durchlöchert wie der Mönchsberg in Salzburg: Es begann wahrscheinlich mit einer Einsiedelei, heute fälschlich als Katakomben bezeichnet, die schon in der Spätantike über dem späteren Peters Friedhof in das Konglomoratgestein gehauen wurde. Später, 1137 bis 1143, wurde ein Stollen durch den Berg getrieben, durch den seither der Almkanal fließt, der früher zur Wasserversorgung für die Stadt einerseits und zur Müllentsorgung in die Salzach andrerseits diente. In den Jahren 1764 bis 1766 ließ Fürsterzbischof Sigismund III. Graf Schrattenbach dann das sogenannte Neutor in den Berg schlagen, verband so die Altstadt mit dem Stadtteil Riedenburg und schuf gleichzeitig den ältesten Straßentunnel Österreichs. Im Zweiten Weltkrieg wurden Teile des Bergesausgehöhlt, um Luftschutzbunker für die Bevölkerung zu schaffen – diese wurden schließlich in den 70er-Jahren zu den für die Stadt lebensnotwendigen Mönchsberggaragen ausgebaut, was erklärt, warum die meisten von uns diesen Berg von innen so gut, wenn nicht besser als von außen, kennen. Von der Stadt aus gesehen wird der Berg von großartigen und wichtigen Bauwerken umrahmt – angefangen mit dem Stift Nonnberg, über die Festung und das Museum der Moderne bis hin zur Müllner Kirche und dem Augustiner Bräu. Eine Wanderung von einem zum anderen Ende lohnt sich – auch, aber nicht nur der Gebäude wegen. Hier tut sich eine teilweise verträumte und idyllische Landschaft auf, die man so im Zentrum einer Stadt nicht vermuten würde. Immer wieder trifft man dabei auf alte Befestigungen, kleine und größere Schlösschen und verwunschen wirkende Häuser. Auch eine original anmutende Alm lädt zur zünftigen Jause mit Stadtpanorama ein.

Mit­ten in der Stadt und doch auf dem Berg. – Wolf Haas

Auf den Mönchs­berg füh­ren vie­le Wege. Wer die schnel­le Vari­an­te wählt, fährt bequem und in 60 Sekun­den mit dem Auf­zug in der Gstät­ten­gas­se hin­auf. Für die Kul­tur­fans lohnt sich ein Auf­stieg über die Fes­tungs­gas­se, vor­bei an der Salz­bur­ger Fes­tung und immer gera­de­aus. Die gemüt­li­chen Spa­zier­gän­ger wäh­len jedoch einen ande­ren Weg nach oben: Über den Tos­ca­ni­ni-Hof. Mit­ten in der Alt­stadt schlän­gelt sich die Cle­mens-Holz­meis­ter Stie­ge in die Höhe. Mit jedem Schritt nach oben lässt man den Tru­bel der Stadt wei­ter hin­ter sich und taucht in die pure Natur des Ber­ges ein. Direkt ober­halb des Tos­ca­ni­ni- Hofes liegt mit der mon­dä­nen Adres­se Mönchs­berg Nr. 1 das Kapell­haus­stöckl. Hin­ter des­sen hohen Mau­ern befin­den sich der Sitz der „Freun­de der Salz­bur­ger Fest­spie­le“ wie auch die Dienst­woh­nung des jewei­li­gen Fest­spiel­in­ten­dan­ten. Ein paar Schrit­te wei­ter Rich­tung Süden erhebt sich die Edmunds­burg. Ein kubi­scher Bau, in dem sich heu­te ein Teil der Uni­ver­si­tät Salz­burg befin­det. Außer­dem ist dem öster­rei­chi­schen Schrift­stel­ler Ste­fan Zweig hier ein Muse­um gewid­met.

Der bud­dhis­ti­sche Stu­pa ist eine Oase der Ruhe und des Frie­dens – hier kann man den grau­en, stres­si­gen All­tag ver­ges­sen.

Wo sich der Dr.-Herbert-Klein-Weg mit dem Oskar-Kokosch­ka-Weg trifft, fin­det man das sagen­um­wo­be­ne Bür­ger­meis­ter­loch. Der dama­li­ge Bür­ger­meis­ter Hein­rich Rit­ter von Mer­tens hat­te 1863 den Durch­bruch ver­an­lasst, damit er schnel­ler und vor allem schö­ner zu sei­nem Arbeits­platz in die Alt­stadt gehen konn­te. Böse Zun­gen behaup­ten, damit er schnel­ler wie­der zu Hau­se wäre. Ein paar Schrit­te wei­ter fand im Jahr 2010 ein Stu­pa sei­nen Platz. Im alten Indi­en wur­den die­se Stu­pas erbaut, um Bud­dha zu ehren und den Toten einen guten Über­gang in die­aan­de­re Welt zu gewäh­ren. Am Mönchs­berg bie­tet er den zahl­rei­chen Besu­chern einen Ort der Ruhe und des Frie­dens.

Beein­dru­ckend ist der Aus­blick von der Rich­ter­hö­he. Das wun­der­schö­ne Pla­teau bie­tet einen atem­be­rau­ben­den Blick auf die Stadt Salz­burg. Die Rich­ter­hö­he ist auch ein Ort mit einer lang­jäh­ri­gen Wein­bau­tra­di­ti­on. Schon Paris Lodron, Fürst­erz­bi­schof von Salz­burg, genoss vor 400 Jah­ren edle Trop­fen von den Hän­gen des Ber­ges. Die Wein­bau­tra­di­ti­on wur­de vor Kur­zem wie­der­be­lebt, und seit­dem ran­ken sich hier Reben einer jahr­hun­der­te­al­ten Sor­te. Den Früh­ro­ten Velt­li­ner, auch Mal­va­sia genannt, gibt es schon seit dem 12. Jahr­hun­dert. Um den Wein­an­bau und die Pro­duk­ti­on küm­mert sich die „Wein­gar­ten­trup­pe“ der Salz­bur­ger Pfad­fin­der, die auf der Rich­ter­hö­he eben­falls ihr Quar­tier auf­ge­schla­gen haben.

Ein paar Schrit­te davon ent­fernt steht das wun­der­schö­ne Kupel­wie­ser- Schlössl. Vie­le Geschich­ten könn­te es erzäh­len, denn es beher­berg­te eine Rei­he von berühm­ten Per­sön­lich­kei­ten: Kom­po­nist Gott­fried von Einem wohn­te hier, als er Mit­glied des Direk­to­ri­ums der Salz­bur­ger Fest­spie­le war. Ber­tolt Brecht ließ sich von der wun­der­ba­ren Umge­bung inspi­rie­ren und schrieb um 1948 an Sze­nen sei­nes Stücks „Salz­bur­ger Toten­tanz“ am Mönchs­berg. Fast 10 Jah­re lang leb­te der bekann­te zeit­ge­nös­si­sche Autor Peter Hand­ke mit sei­ner Toch­ter Ami­na in einer Woh­nung des aktu­el­len Haus­herrn Dr. Hans Wid­rich. Auf der Rich­ter­hö­he ent­stan­den Hand­kes Wer­ke „Die Leh­re der Sain­te Vic­toire“, „Der Chi­ne­se des Schmer­zes“, „Nach­mit­tag eines Schrift­stel­lers“ oder „Die Wie­der­ho­lung“. So ein­zig­ar­tig wie das Kupel­wie­ser-Schlössl war auch sein ehe­ma­li­ger Besit­zer, der Phy­sio­lo­ge Ernst Kupel­wie­ser. Der trug bei Spa­zier­gän­gen immer einen gro­ßen Regen­schirm bei sich. Auf die­sem waren sein Name und die Bit­te um Schirm-Rück­ga­be ein­gra­viert, falls erdie­sen ver­lie­ren soll­te. Boden­stän­di­ge Küche oder ein Schnap­serl genießt man in der Stadt­alm. Das uri­ge Flair in der gemüt­li­chen Gast­stu­be und der gro­ßen Son­nen­ter­ras­se las­sen einen „Alm­luft“ schnup­pern. Des Mönchs­bergs ein­zi­ges Aus­flugs­wirts­haus bie­tet einen pracht­vol­len Aus­blick über das wun­der­ba­re Pan­ora­ma Salz­burgs. Eine der ältes­ten Bau­ten am Mönchs­berg ist die lang­ge­zo­ge­ne Mau­er der Bür­ger­wehr. Seit dem 13. Jahr­hun­dert trennt sie den soge­nann­ten äuße­ren vom inne­ren Teil des Ber­ges. Am äuße­ren Abschnitt des Mönchs­bergs befin­den sich attrak­ti­ve Schlössl, ein präch­ti­ges Hotel und vie­le ver­schlun­ge­ne Wald­we­ge. Über den Salz­bur­ger Stadt­teil Mülln kommt man in die­sen äuße­ren Teil. Hier ragt das Luxus­ho­tel Schloss Mönch­stein empor. Lan­ge Zeit wur­den das Schloss und der Turm wis­sen­schaft­lich genutzt, heu­te steht die­ser für pri­va­te Fei­ern zur Ver­fü­gung. Ein ganz beson­de­res und inti­mes Flair genießt man im „kleins­ten Restau­rant der Welt“ – denn hier fin­det sich nur für vier Per­so­nen Platz. Die krea­ti­ve Küche des Hau­ses und der impo­san­te Aus­blick auf die Stadt las­sen Genie­ßer­her­zen höher schla­gen. Übri­gens: Das Schloss an sich ist bei Besu­chern aus Ame­ri­ka und Japan eine sehr belieb­te Hoch­zeits­lo­ca­ti­on.

Von der Rich­ter­hö­he aus hat man den schöns­ten, den fried­lichs­ten Blick auf die Stadt – von hier aus wirkt Salz­burg wie ein ruhi­ges Fleck­chen inmit­ten des Tru­bels der Welt.

Hoch über der Stadt steht unüber­seh­bar das Muse­um der Moder­ne, zu Fuß eben­so erreich­bar wie über einen beque­men Auf­zug. Das ehe­ma­li­ge Casi­no mar­kiert die Stel­le, an wel­cher das wohl spek­ta­ku­lärs­te Loch im Berg nie über das Pla­nungs­sta­di­um hin­aus gekom­men ist – das Muse­um im Berg. Aber auch die klei­ne Lösung des Muse­ums am Berg hat sich zu einem wah­ren kul­tu­rel­len High­light ent­wi­ckelt und der bil­den­den Kunst einen fes­ten und wohl­ver­dien­ten Platz in Salz­burg geschaf­fen. Nach einem inter­es­san­ten Besuch im Muse­um emp­fiehlt es sich, ins m32 auf ein Gläs­chen Wein zu gehen. Hier genießt man nicht nur her­vor­ra­gen­de medi­ter­ra­ne Küche mit öster­rei­chi­schem Touch, son­dern auch die Ter­ras­se mit dem groß­ar­tigs­ten Blick auf die Stadt. Auf eine ange­neh­me Atmo­sphä­re und einer Mischung aus inter­na­tio­na­lem Flair und länd­li­chem Charme wird im Sze­ne­lo­kal Wert gelegt.

Salz­burgs „Haus­berg“ bie­tet eine Viel­zahl an unter­schied­li­chen Attrak­tio­nen. Span­nen­de Aus­stel­lun­gen im Muse­um der Moder­ne, ent­span­nen­de Spa­zier­gän­ge mit ein­zig­ar­ti­gen Aus­bli­cken, die Ruhe der Natur und inter­es­san­te, sehens­wer­te Archi­tek­tur aus den ver­schie­dens­ten Jahr­hun­der­ten, vom Mit­tel­al­ter bis heu­te. Nur äußerst sel­ten – aber manch­mal eben doch – kommt eine der reiz­vol­len Immo­bi­li­en am Mönchs­berg auf den Markt. Davon wis­sen dann aber meist nur weni­ge Insi­der – und nur wer die rich­ti­gen Leu­te fragt, kann hier fün­dig wer­den.

Der Mönchs­berg bie­tet jedem Besu­cher ein spe­zi­el­les Erleb­nis, jeder nimmt den Berg und sei­ne Aura anders wahr. Dar­aus folgt: Er ist immer einen ganz per­sön­li­chen Spa­zier­gang wert.

Egal ob der Besu­cher oder die Besu­che­rin des Mönchs­bergs die Ruhe, ein kul­tu­rel­les Erleb­nis, ein­zig­ar­ti­ge Aus­bli­cke oder viel­leicht wirk­lich ein neu­es Domi­zil sucht – der Mönchs­berg ist jeden­falls zu jeder Jah­res­zeit einen Aus­flug wert. Man lernt dann viel­leicht von außen zu schät­zen, was sich innen so prak­tisch als pro­fa­ne Park­ga­ra­ge anbie­tet.

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