stil&wert

Understatement auf höchstem Niveau.

KUNST IST EINE TOCHTER DER FREIHEIT

Der gebürtige Grazer ist seit Jahren eine Fixgröße in der Salzburger Galerieszene und betreibt darüber hinaus Dependancen in Wien, Graz und Miami. Ein klarer Schwerpunkt seiner Galerie „Artmosphere“ liegt im Bereich der Pop- Art, und da wiederum bei den Werken von Andy Warhol. Und mit dem Österreicher Erwin Wurm verbindet ihn eine enge Seelenverwandtschaft, was sich auch in seinem Portfolio niederschlägt. Rudolf Budjas Standort im Palais Küenburg in der Philharmonikergasse – nur ein paar Schritte vom Festspielhaus entfernt – präsentiert auf 550 Quadratmetern zeitgenössische Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts aus den USA, Asien und Europa sowie Fotografien in einem exklusiv repräsentativen Rahmen. Das Repertoire umfasst neben den beiden bereits genannten so renommierte Künstler wie Andreas Serrano, Marc Quinn, Lawrence Schiller oder Frank Worth, aber auch aufstrebende junge Künstler wie Heidi Popovich, Nina Levett und Julian Khol.

Jenseits des Kunstprogramms ist die Galerie regelmäßig Gastgeberin von Konzerten, Pressekonferenzen, Modeschauen und anderen Veranstaltungen. Speziell zur Festspielzeit trifft sich hier die Society: Opernstars und internationale Gäste schätzen einfach das unkomplizierte Ambiente und geben sich in der privat anmutenden „Artmosphäre“ bei Empfängen und „Get-togethers“ ein Stelldichein. In Summe entstand so ein unvergleichliches, internationales Flair, das inzwischen weit über die Grenzen der Mozartstadt hinaus berühmt ist. „stil&wert“ führte mit dem polyglotten Entrepreneur ein intensives Gespräch über seine einmalige Lebensgeschichte, über seine Einund Ansichten zum Thema Kunst sowie seine Liebe zu Salzburg und der Szene in und um die Stadt.

Alex­an­der Kurz: Lie­ber Rudolf, du hast ja eine wirk­lich außer­ge­wöhn­li­che Lebens­ge­schich­te, die untrenn­bar mit dei­nem Schaf­fen ver­bun­den ist.
Rudolf Bud­ja: Begon­nen hat eigent­lich alles mit mei­nem Fai­ble für Musik. So kam ich über Clubs in Öster­reich als DJ nach Ita­li­en und habe dort im Mon­d­ostu­dio oder im Paradi­so in der Gegend von Rimi­ni auf­ge­legt. Und mit dem ver­dien­ten Geld ging’s dann auf Urlaub nach Miami.

Von dort bis zur Kunst bzw. zum Kunst­be­trieb ist es aber noch ein wei­ter Weg?
Na ja – auf dem Rück­weg nach Öster­reich flog ich mit einer klei­nen Char­ter­ma­schi­ne, die in New York not­lan­den muss­te: Sie hat es ein­fach nicht über den Teich geschafft. Ich also als 18-Jäh­ri­ger allein in New York, und da habe ich mir gedacht „Wow! Jetzt blei­be ich ein­fach mal da und schau, was man hier so machen kann.“ Aber das Geld war knapp, weil ich aus einer ganz ein­fa­chen Fami­lie kom­me. Also habe ich mir gesagt: „Okay, in New York gibt es ja auch Clubs, schau­en wir uns ein­mal ganz unbe­darft um.“ Ich hat­te dann tat­säch­lich die Mög­lich­keit, als Gast- DJ im Tun­nel, im Pal­la­di­um und im Club Ame­ri­ca ein biss­chen Geld zu ver­die­nen. Und dann hab ich mir gedacht: „Jetzt bin ich schon da! Eigent­lich wäre L.A. schon läs­sig!“ Gesagt, getan. Ich fand auch gleich einen Job in der Stadt der Engel. Eines Abends gehe ich dann am Sun­set Bou­le­vard spa­zie­ren und fin­de dort Jamie Ney. Und Jamie Ney besaß das Stu­dio, in dem alle Künst­ler ihre Prints gemacht haben – also Lich­ten­stein, Bei­der­sa­ri etc. Eben die gan­zen tol­len Typen, die alle in die­ser Zeit groß gewor­den sind. Am Abend habe ich also als DJ und am Tag als Gehil­fe bei Jamie Ney in sei­nem Print­stu­dio gear­bei­tet. Ich bin schon mit dem Roy Lich­ten­stein am Boden gekniet, und der älte­re Herr hat mir dann gezeigt, wie man ein Print säu­bert: mit Mes­ser, Pin­sel und Radier­gum­mi. Ich hab mich glück­li­cher­wei­se von denen mit Kunst bezah­len las­sen, bin dann mit einer Rol­le mit cir­ka 50 Prints aus den 80er Jah­ren nach Öster­reich geflo­gen und hab gesagt: „So, jetzt mach ich mei­ne ers­te Gale­rie auf.“

Hoch­in­ter­es­sant wäre für mich in die­sem Kon­text der ame­ri­ka­ni­sche Markt im Ver­gleich zu dem wahr­schein­lich kon­ser­va­ti­ven öster­rei­chi­schen. Wie erlebst du das?
Man muss mal vor­ne­weg sagen, dass Salz­burg für mich eine der inter­na­tio­nals­ten Städ­te ist, die ich ken­ne. Natür­lich beson­ders in der Zeit, wenn die Fest­spie­le statt­fin­den. Und das Lus­ti­ge ist, dass sehr vie­le Leu­te, die ich gut ken­ne, die mit mir Geschäf­te machen oder mir ver­trau­en und denen ich Samm­lun­gen auf­baue, auch in New York oder Miami leben und alle zur Fest­spiel­zeit in Salz­burg sind. Es gibt so einen klei­nen Trip, der unter ver­schie­de­nen Men­schen statt­fin­det. In Salz­burg im August muss man da sein– defi­ni­tiv. Schau­en wir doch mal in den Juli: Da ist man dann mehr so in Mona­co, Ita­li­en, Süd­frank­reich. Und davor ist man eben dort, wo es schön warm ist, also Miami oder sonst irgend­was in der Rich­tung. Und es gibt vie­le, Leu­te, die machen die glei­che Run­de.

Reist du mit den Leu­ten?
Ich rei­se mit ihnen – und sie rei­sen mit mir. Wir sind fast wie Noma­den.

Leben die Leu­te dort in ihren Häu­sern?
Ja. Alle, die dort die Run­de machen, haben ein Haus in Süd­frank­reich, ein Apar­te­ment irgend­wo in New York und leben aber jetzt auch, Gott sei Dank, in Salz­burg. Also vie­le! Die kom­men her, füh­len sich hier zu Hau­se und ver­brin­gen zwei bis drei Mona­te an der Salz­ach. Des­we­gen ist es mei­ner Mei­nung nach Schwach­sinn zu behaup­ten, Salz­burg sei nicht inter­na­tio­nal oder gar Pro­vinz. Im Gegen­teil: Es ist ein abso­lu­tes Zen­trum für Kunst und Kul­tur, also Hoch­kul­tur.

Beein­flusst eigent­lich die Loca­ti­on die Aus­wahl der Kunst­wer­ke?
Ja. In ers­ter Linie ist es doch so, dass die Loca­ti­on auf­ge­wer­tet wird, wenn die Qua­li­tät stimmt. Wenn ich zum Bei­spiel in einem Ikea-Ambi­en­te woh­ne, dann passt Ikea-Kunst auch dazu. Aber wenn sich jetzt in einem Stadt­pa­lais aus dem 16. Jahr­hun­dert die Gale­rie befin­det, muss die Kunst von der Qua­li­tät her so hoch­wer­tig sein, dass man sagen kann: Die Kunst wird ihrem Umfeld gerecht. Also kein Schma­fu! Man muss schon auf­pas­sen, dass man erkennt, dass Pseu­doma­le­rei nicht funk­tio­nie­ren wür­de.

Gibt es wirk­lich die­se Span­nung, dass man in Miami ger­ne schö­ne alte Kunst­wer­ke aus Euro­pa besitzt und in Salz­burg die alten Palais ger­ne mit Lich­ten­stein etc. schmückt? Ist das denk­bar oder sogar ein Muss?
Das ist kein Muss, aber das ist der Trend.

Wie wohnst du eigent­lich in Salz­burg?
Das ist eine gute Fra­ge. Ich habe in Salz­burg lei­der noch nicht das Rich­ti­ge für mich gefun­den und bin bereit, mir ein neu­es Zuhau­se anzu­schaf­fen. Es muss ein­fach nur pas­sen!

Du suchst also etwas His­to­ri­sches?
Was His­to­ri­sches, ja! Ich möch­te nichts Neu­es. Auf kei­nen Fall.

In dei­ner Woh­nung in Wien ist das aber anders gela­gert, oder?
Na ja, ich bin als sehr jun­ger Mensch nach Wien mit mei­ner Gale­rie. Und dort habe ich bis heu­te mein „Jung­ge­sel­len-Loft“. Das war mei­ne ers­te Immo­bi­lie, in der Baum­gas­se in einer alten Fabrik im 3. Bezirk, eine ganz gei­le Loca­ti­on. Ich ver­mis­se es heu­te, denn ich habe es von einem ganz wit­zi­gen Archi­tek­ten umbau­en las­sen und aktu­ell ver­mie­tet. Der Herr Mag. Jur­je­vec – ein ganz schrä­ger Vogel – hat es mit sehr viel Beton, Glas und Edel­stahl ganz offen gestal­tet. Der kom­plet­te Kon­trast zu Salz­burg. Das ist mein Mini-Loft – mein „Wohn­klo“, habe ich immer gesagt.

Klingt span­nend. Aber zurück nach Salz­burg: Was bedeu­tet dir die­se Stadt per­sön­lich?
Das Schöns­te für mich ist die­se ver­steck­te Roman­tik, die Salz­burg bie­tet. Die gibt es sonst eigent­lich an kei­nem Platz – in Vero­na viel­leicht noch. Dort hab ich das auch, die­se Hin­ter­hö­fe, die Musik – man kommt ums Eck, und es pas­siert plötz­lich etwas, von dem man nicht ver­steht, war­um es so ist. Das ist herr­lich. Das hat eine Magie, die unver­gleich­lich ist.

Apro­pos Magie: Woher kommt die­ses Fai­ble für die Bil­der und die Skulp­tu­ren von Erwin Wurm, die du ja nicht her­ge­ben willst?
Das war immer der Drang, außer­halb des Rah­mens zu den­ken und nicht dem Main­stream hin­ter­her­zu­lau­fen. Zu der Zeit, als ich in Ame­ri­ka begon­nen habe, war Pop-Art super­hip und War­hol noch am Leben. Lich­ten­stein, Keith Haring & Co. waren die Cools­ten und haben mir wahn­sin­nig gut gefal­len. Da habe ich mir gedacht: „Wow! Mit denen kann ich bestimmt ein Geschäft machen, wenn ich sie nach Euro­pa brin­ge. Das kennt dort gar kei­ner.“ Ich hab also 1988 eine groß­ar­ti­ge Pop- Art-Aus­stel­lung gemacht, auf der mich alle gefragt haben: „Was ist Pop-Art? Magst du Musik?“ Kei­ner hat wirk­lich gewusst, um was es geht. Es hat aber fan­tas­tisch funk­tio­niert, mit teil­wei­sen Preis­zu­wäch­sen von bis zu 10.000 %. Aller­dings waren da Din­ge dabei, die ich sel­ber gern behal­ten hät­te. Aber ich hab immer gesagt: „Du musst das ver­kau­fen – damit gewis­se Din­ge wei­ter­ge­hen, damit du dir ande­re Din­ge leis­ten kannst!“ Irgend­wann habe ich erkannt, dass ich mich an irgend­was drauf­hän­gen muss, das ich nicht ver­kau­fe. Ja, und das war der Erwin. Und dar­auf bin ich stolz, weil das oft sehr eng oder nahe­lie­gend war. Denn damals hät­te ihn sowie­so kei­ner gekauft. Übri­gens ist das heu­te noch schwer.

Das klingt nach Her­zens­an­ge­le­gen­heit, fast nach einer Bezie­hung?
Stimmt: Aber nach einer Bezie­hung zwi­schen Kunst­werk und mir – und nicht direkt zum Erwin. Der Erwin ist ein sehr lie­ber Kerl, wir haben frü­her viel Spaß gehabt. Er macht sei­nen Weg. Ich schau ein­fach, dass ich alles kau­fen kann, was auf den Auk­tio­nen so ange­bo­ten wird. Wir haben uns auch in har­ten Zei­ten immer arran­giert, wenn er zum Bei­spiel als Wahn­sin­ni­ger im streng künst­le­ri­schen Sin­ne ein­fach kein Bild mehr über den Auk­ti­ons­tisch hat gehen las­sen. Da hat er manch­mal schon geblu­tet, das letz­te Geld raus­ge­hau­en. Das war wirk­lich oft an der Gren­ze des Mach­ba­ren. Aber irgend­wie haben wir das immer wie­der geschafft, und dann ist es wie­der auf­wärts­ge­gan­gen. Wir haben ein­an­der nie im Regen ste­hen las­sen.

Der Regen in Salz­burg ist für dich also kein Pro­blem?
Ich beweg mich nicht nach drau­ßen, wenn es reg­net: Ich has­se den Regen.

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